Ich sitze direkt hinter dem Piloten der einmotorigen Propellermaschine mit welcher wir vor rund 50 Minuten in Cairns abgehoben haben und kann ihm bei der Arbeit über die Schulter schauen. Vor uns ist eine kleine Insel aufgetaucht. Lizzard Island. Außer einem asphaltiertem Landestreifen und ein paar einzelnen Häusern fällt mir noch das weiße Schiff auf, welches bei der Insel vor Anker liegt. Das muss die Spirit of Freedom sein!
Als Verena und ich unseren Visa-Run aus Indonesien planten und uns schließlich für Australien entschieden hatten, stellte ich auch bald die Überlegung an, einmal dem Great Barrier Reef einen Besuch abzustatten. Ich kannte natürlich die Nachrichten über die Korallenbleiche und die Schäden am Great Barrier, aber dennoch ist es eben das größte und bekannteste Riffsystem der Welt – sollte man als passionierter Taucher nich wenigstens einmal dort gewesen sein?
An den vorherigen Tauchdestinationen hatte ich schon mit mehreren Tauchern über deren Erfahrungen am Great Barrier gesprochen und immer wieder den Tipp bekommen, wenn ich denn einmal dorthin wollte, ein Liveaboard zu nehmen, da die Tagestouren vom Festland aus eher deprimierend seien.
So machte ich mich an die Recherche und fand bald heraus, dass die Anzahl der Liveaboards, die von Cairns aus operieren, erstaunlich überschaubar ist. Bei dieser Recherche las ich auch das erste Mal vom Osprey Reef, das etwa 110km vom Great Barrier Riff entfernt in der Korallensee liegt. Die Vorstellung, ein weit im offenen Ozean gelegenes Hochseeriff zu besuchen, war natürlich reizvoll! Zum Zeitpunkt meiner Suche gab es lediglich zwei Boote, die eine Kombination aus Osprey Reef und Great Barrier anboten. Da sich die beiden Anbieter auch preislich nicht wesentlich unterschieden, war es schließlich der Kalender und die Verfügbarkeit, welche mich auf die Spirit of Freedom brachten.
Um mit der Spirit die Tour zum Osprey Reef zu beginnen, muss man zunächst einmal nach Lizzard Island kommen. Die kleine Insel liegt etwa 260 Kilometer nördlich von Cairns.
Im Preis der Tauchsafari ist zu diesem Zweck ein Low-Level-Flug von Cairns enthalten, welcher selbst schon ein schönes Erlebnis ist. Man hat dabei eine wunderbare Aussicht auf die Küste und kann auch schon vom Flieger aus Teile des Great Barrier Reefs erkennen. Die Landung auf dem Flugfeld, welches nur aus der Landebahn und einem Tankwagen besteht, ist ebenfalls spektakulär – zumindest wenn man wie ich das Glück hat in der ersten Reihe zu sitzen.
Anflug auf Lizzard Island
Auf Lizzard Island angekommen wurden meine Mittaucher und ich von schick in Polohemden, Shorts und Deckschuhen gekleideten Crewmitgliedern der Spirit direkt am Flieger empfangen. Ein paar Meter ging es vom Flugfeld zum Strand hinunter und dann mit einem Tender (Zodiac) zum Liveaboard.
Die Spirit of Freedom ist ein modernes Stahlboot mit Kabinen für bis zu 26 Passagieren und ist vielleicht nicht so luxuriös wie mache anderen Liveaboards, die es im Roten Meer oder auf den Malediven gibt, aber ich hatte vom ersten Moment an das Gefühl, dass dieses Boot sehr professionell geführt wird. Das Bootsbriefing gleich zur Begrüßung ließ keine Fragen offen und neben der üblichen Fragen, die auf einem Lifeaboard aufkommen (wie Tauchprozeduren, Tagesablauf, Versorgung der Ausrüstung, etc.) wurde auch an viele Kleinigkeiten wie beispielsweise nachfüllbaren Trinkflaschen mit Namensaufklebern und die Versorgung mit Sonnencreme auf dem Sonnendeck gedacht. Ich fühlte mich sofort gut versorgt ohne mir dabei gegängelt vorzukommen.
Nachdem alle Gäste an Bord eingewiesen waren, ihre Kabinen bezogen und die Ausrüstung zusammengebaut und gecheckt hatten, lichtete die Spirit bereits noch am Vormittag den Anker, um sich auf den Weg zum ersten Tauchgang zu begeben.
Am Great Barrier Reef verbrachten wir den ersten Tauchtag und machten zwei Tauchgänge am Nachmittag sowie einen Nachttauchgang in der Challenger Bay.
Was ich zuvor über das Korallensterben am Great Barrier gehört und gelesen hatte, war ab dem ersten Abtauchen nicht zu übersehen. Weite Teile der ersten Tauchplätze waren Geröll und abgestorbene, noch nicht zerfallene Korallen konnten überall gefunden werden. Die Intakten hingegen waren eher rar. Da ich meine letzten Tauchgänge vor dem Abstecher nach Australien in Raja Ampat gemacht hatte, kam mir der Kontrast vielleicht besonders krass vor, aber auch die Guides bestätigten meine Eindrücke vom Zustand des Riffs, wenngleich dieser Teil wohl noch nicht so schlimm aussähe wie mache anderen.
Dennoch war einiges an Schwarmfisch zu entdecken und während des Nachttauchgangs ließen sich auch einige Riffhaie blicken.
Am letzten Tag der Safari hatten wir dann auch noch einmal die Gelegenheit, an etwas weiter südlich gelegenen Tauchplätzen des Great Barrier Riffs zu tauchen, welche noch in etwas besserem Zustand waren und die einstige Pracht des Riffes erahnen ließen (Bilder weiter unten in der Galerie).
Great Barrier Reef
In der ersten Nacht fuhr die Spirit dann auf die Korallensee hinaus und erreichte am frühen Morgen das Osprey Riff.
Das ovale Riff ist etwa 25km lang und 12km breit und seine Wände steigen aus rund 2000m vom Meeresboden auf. Die innere Lagune des Riffes ist maximal 30m tief. Hier blieb die Spirit für zwei Tage und wir machten Tauchgänge an den Steilwänden des Riffs sowie in den flachen Bereichen des Riffdachs.
Ob das Osprey Riff ebenfalls von der Korallenbleiche betroffen ist, mag ich nicht zu beurteilen, aber das Bild war im Vergleich zum Great Barrier Riff doch ein ganz anderes (in meinen laienhaften Augen). Hier findet man noch malerische Korallenformationen und -gärten und auch die typischen Riffbewohner zeigen sich in deutlich größerer Zahl.
Natürlich kann man in zwei Tagen und acht Tauchgängen nicht einmal einen Überblick über ein so großes Riff bekommen (und noch weniger kann man dies natürlich vom Great Barrier Riff), aber die Tauchgänge vermittelten doch einiges von der ganz eigenen Stimmung am Riff. Vor allem die unglaublichen Sichtweiten und die tiefblaue Farbe des Wassers an den Steilwänden machten diese Stimmung aus, die man so wohl nur an Offshore-Riffen findet. In den Bildern unten habe ich versucht, diese kristallklare Stimmung einzufangen.
Osprey Reef
Mein liebster Tauchplatz an den beiden Tagen am Osprey Reef war eindeutig Castles. Dieser Tauchplatz bietet eine Menge Canyons, Becken, Tunnel und kleinerer wie größerer Höhlen, die man erkunden kann. Hier noch ein paar Eindrücke.
Als Höhepunkt des Aufenthalts am Osprey Riff war ein Shark Attraction Dive angekündigt. Ich hatte mir bis zu dem Tauchgang, ehrlich gesagt, nicht allzuviele Gedanken darüber gemacht, was damit wohl gemeint sein könnte. Tatsächlich handelt es sich dabei um einen Tauchgang, bei dem die Haie abgefüttert werden und somit besonders gut zu beobachten sind. Solche „Spektakel“ sind natürlich durchaus fragwürdig, da hierbei das natürliche Verhalten der Tiere beeinflusst wird und sich ggf. auch langfristig verändert, sofern sich die Tiere an die Fütterungen gewöhnen. Allerdings war die Menge des Futters mit drei Thunfischköpfen vergleichsweise gering für die Menge an Haien, die sich dann eingefunden hat, und die Anzahl der Boote, die derzeit das Riff besuchen, ist mit zwei pro Woche wohl auch nicht geeignet, um den Tieren den Jagttrieb abzugewöhnen oder sie ihre Scheu vor Menschen verlieren zu lassen. Dennoch wohnte ich der ganzen Veranstaltung mit gemischten Gefühlen bei.
Insgesamt betrachtet war ich froh, die kurze Tauchsafari ans Great Barrier und an das Osprey Reef gemacht zu haben. Insbesondere das Osprey Riff hat eine ganz besondere Faszination auf mich ausgeübt und ich wäre gerne noch länger dort geblieben, um diesen besonderen Flecken weiter zu erkunden. Die Schäden am Great Barrier Riff sind sicherlich auch für den Laien nicht zu übersehen und haben mich durchaus betroffen gemacht. Es ist eben doch noch einmal etwas anderes, ob man eine Sache mit eigenen Augen sieht oder in den Medien. Zu dem Shark Attraction Dive habe ich mir noch keine abschließende Meinung gebildet, aber ich müsste so einen „Bonus“ nicht haben, um eine Tauchsafari attraktiv zu finden. Ich würde aber in jedem Fall noch einmal zum Osprey Riff zurückkehren, sofern ich die Möglichkeit hätte.
Hallo Alexander, tolle Bilder und Kommentar, ohje bei dem Hai …würde er es merken das ich Angst hätte.. weil ich ja jetzt wie eine dicker Seehund aussehe ( die Lieblings-speise ) . mir würden kleine Snorchel- „Tauchgänge“ schon reichen, gruss aus sonnigen Berlin im Frühling … Wolfgang