Verzasca Tauchen – Tauchplätze und Tips

Irgendwo zwischen Smaragdgrün und Aquamarin ist die Farbe des Wassers einzuordnen, das unter mir zwischen hoch aufragenden Wänden aus glatt geschliffenem Granit hindurchfließt. Links und rechts erheben sich steile Bergflanken hunderte Meter hoch. Sie formen das Tal, in dem ich mich befinde – das Verzasca-Tal im Tessin. Als ich das erste Mal hier war und auf den Fluss hinabblickte, konnte ich mir nur schwer vorstellen, darin zu tauchen. Was soll in diesen kleinen Felsbecken schon zu sehen sein? Mittlerweile war ich allerdings schon drei Mal zum Tauchen an der Verzaska – oder auch „Bouldern mit Tauchausrüstung“ – und kann immer noch nicht genug davon bekommen.

Tauchplatz Sandy Beach

Valle Verzasca

Im Valle Verzasca – dem Verzasca-Tal – fließt der gleichnamige Gebirgsfluss. Vor malerischer Kulisse kann man hier besondere Tauchgänge erleben.

Bekannt durch James Bond

Das Val Verzasca und der gleichnamige Fluß Verzasca haben ihre größte Berühmtheit sicherlich James Bond zu verdanken, der sich in der Eröffnungssequenz von „Golden Eye“ mit einem Bungee-Seil an einer gigantischen Staumauer hinunterstürzt. Die Mauer gibt es wirklich. Sie bildet den Abschluss des Verzasca-Tals und staut den Fluß zu einem stattlichen See an, der zur Stromgewinnung genutzt wird. Heute kann jeder, der mutig genug ist, den Sprung von James Bond nachahmen. Mit 220 Metern immerhin der aktuell dritthöchste Bungeesprung der Welt.

Der Blick vom Verzascastaudamm geht bis zum Lago Maggiore.
Der Blick vom Verzascastaudamm geht bis zum Lago Maggiore.

Fluss im Granitbett

Wer nicht ganz so viel Adrenalin freisetzen möchte, aber trotzdem ein wenig Abenteuer sucht, hat auch noch die Möglichkeit, weiter oben, wo das Tal schon viel enger ist, im Bergfluss Verzasca zu tauchen. Wie muss man sich das vorstellen und warum sollte man das tun? Zunächst einmal ist die Verzasca ein Fluss in einem glatt geschliffenem Bett aus Granit. Somit ist hier, zumindest bei gutem Wetter, mit sehr wenig Sediment im Wasser zu rechnen, was hervorragende Sichtweiten bedeutet. Das Felsbett des Flusses selbst ist aber der Hauptgrund, weshalb das Tauchen hier so reizvoll ist. Über die Jahrtausende hat das Wasser den harten Stein geformt und ihm ebenfalls flüssig und fließend anmutende Formen verliehen. Je nach Wasserstand können diese Formen bereits ausserhalb des Wassers betrachtet werden. Ihre ganze Schönheit genießt jedoch nur, wer sich unter die Wasseroberfläche begibt.

Am Tauchplatz Römerbrücke.
Am Tauchplatz Römerbrücke.

Die Pozzi

Die Abschnitte in denen das Tauchen Sinn macht und auch sicher möglich ist, sind unterschiedlich große Becken im Fels – so genannte Pozzi. Hier verlangsamt sich die Strömung so weit, um einen Taucher nicht gleich mit sich zu reißen. Je nach Wasserstand kann es dennoch noch zu ordentlichen Strömungsgeschwindigkeiten kommen, so dass man sich von Felsen zu Felsen zieht. An anderen Tagen können die Tauchgänge jedoch auch recht entspannt sein und man bemerkt die Strömung kaum. Zwischen den Pozzi fließt das Wasser durch Stromschnellen und über kleine Wasserfälle. Hier hinein zu geraten sollten Taucher hingegen möglichst vermeiden.

Tauchen in der Waschmaschine

Einen ganz besonderen Reiz hat es, sich unterwasser einem Wasserfall zu nähern. Eine Wolke aus Luftblasen markiert die sogenannte Waschmaschine – den Wirbel unterhalb des Wasserfalls, der einen Taucher in Bodennähe ansaugen und an der Oberfläche wieder ausspucken kann. Ich habe das selbst schon einmal (unfreiwillig) ausprobiert. Bei einem Tauchgang an der Posse II versuchte ich möglichst nahe an den Wasserfall heran zu kommen, indem ich mich hinter Felsen und Vorsprüngen von Deckung zu Deckung hangelte. Als ich jedoch den Schutz eines großen Felsens verließ, musste ich feststellen, dass mich die Strömung auf einmal nicht mehr flussabwärts drückte, sondern zum Wasserfall hinzog. Ich begann umher zu wirbeln und machte noch schnell ein letztes Foto von meinen beiden Buddies, wie sie mir zusahen und dann waren nur noch Luftblasen um mich herum. Zwei, drei Mal wirbelte es mich umher und dann befand ich mich auch schon direkt unter der Oberfläche und wurde Flußabwärts gespült.

Tauchplatz Sandy Beach

Die Tauchplätze in der Verzasca

Der bekannteste Tauchplatz der Verzasca ist sicherlich jener an der Ponte dei Salti oder auch Römerbrücke genannt. Ein weiterer bekannter Platz ist das Amslerbecken. Es lohnt sich aber auf jeden Fall, auch die beiden Tauchplätze an der Pension Posse zu besuchen. Sie stehen den beiden anderen in nichts nach, sind aber weniger stark besucht als die Römerbrücke.

Römerbrücke

Jeder der das Verzaska-Tal besucht, wird mit Sicherheit einen Stop an der Römerbrücke am oberen Ortsausgang von Lavertezzo einlegen. Die im 17. Jahrhundert errichtete Brücke ist ein Wahrzeichen der Region und ein beliebtes Fotomotiv. Außerdem können hier mutige Springer dabei beobachtet werden, wie sie sich von der Brücke aus in die Verzaska stürzen.

Das Becken unterhalb der Brücke ist tief ausgespült und bietet Tauchern besondere Perspektiven. Wer unter der Brücke taucht, kann ihre Bögen und sogar die darauf gehenden Besucher durch die Oberfläche hindurch erkennen. Weiter hinter der Brücke am Ende des Pozzi ist eine Stromschnelle, der man sich (bei normalem Wasserstand) gut nähern kann.

Amslerbecken (Sandy Beach)

Unterhalb von Lavertezzo und der Pension Posse findet man rechts der Straße (bergauf fahrend) eine kleine Parkbucht, die etwa Platz für zwei bis drei Autos bietet. Ein paar Meter die Straße hinunter, ist ein Durchgang in der Leitplanke, von dem aus ein steiler Trampelpfad zum Fluss hinunter führt. Dies ist der Tauchplatz Amslerbecken, den ich auch unter dem Namen „Sandy Beach“ kennengelernt habe. Tatsächlich gibt es hier einen kleinen Sandstrand.

Die Verzaska ist hier recht breit, wodurch die Geschwindigkeit des Wassers an der Einstiegsstelle niedriger ist als an den anderen Tauchplätzen. Somit eignet sich das Amslerbecken von den beschriebenen Tauchplätzen auch am besten für Anfänger oder auch für einen Nachttauchgang. Hinter der seichten Einstiegsstelle am Strand fällt der Grund gleich auf mehrere Meter Wassertiefe ab. Ohne über entsprechende Zahlen zu verfügen, würde ich behaupten, dass das Amslerbecken der größte Pozzi unter den Tauchplätzen um Lavertezzo ist.

Besonders gut gefällt mir an diesem Tauchplatz das obere Ende, an welchem das Wasser an mehreren Stellen über Felsen in ein breites Becken fließt. Unter Felsen habe ich hier kleine Nieschen gefunden, unter denen man hocken kann während das Wasser um einen herum bergab sprudelt.

Posse 1

Die Tauchplätze Posse 1 und 2 sind nach der gleichnamigen Pension benannt, bei welcher sie liegen.

Zum Tauchplatz Posse 1 geht es erst ein kleines Stück vom Parkplatz vor dem Restaurant die Straße hinunter bis zu einem Durchgang in der Leitplanke. Von hier aus führt ein Pfad und Stufen über eine Wiese bis zu steilen Klippen, die zwischenzeitlich mit Stufen ausgestattet sind über welche man gut nach unten kommt. Bei meinem ersten Besuch im Jahr 2014 haben wir uns hier noch an einem Seil den Fels hinunter gehangelt.

Der Einstieg an diesem Tauchplatz ist vielleicht der anspruchsvollste von allen vier Tauchplätzen. Zwischen einem Felsen und der Wand, müsst ihr hier (am Besten auf dem Hintern) ins Wasser rutschen und sofort abtauchen, da direkt daneben das Wasser mit recht hoher Geschwindigkeit zwischen großen Felsen aus dem Becken abfließt.

Posse 2

Direkt am Parkplatz vor der Pension Posse beginnt ein schmaler Pfad, der zum Tauchplatz Posse 2 führt. Wenn man ihm folgt, muss man weiter unten über große Felsblöcke klettern und schließlich eine Leiter hinab steigen.

Der eigentliche Einstieg ist hier recht unkompliziert. Über eine kleine Kieselhalde geht es ins Wasser und nach ein paar Metern wird das Becken schnell mehrere Meter tief. Der kleine Wasserfall am Ende des Becken ist der kräftigste von den vier Tauchplätzen und hat eine richtige Walze (oder eben auch „Waschmaschine“).

Tauchplatz Sandy Beach

Tips fürs Flusstauchen

Tauchen in der Verzaska ist anders. Eher wie Bouldern – nur mit Tauchausrüstung. Daher habe ich hier ein paar Tips dazu aufgeschrieben.

Lavertezzo

Lavertezzo ist eine Gemeinde im Verzasca-Tal. Der Abschnitt des Tals, der in Lavertezzo liegt, ist besonders geeignet für das Flusstauchen, da es hier entsprechend große Pozzis und gut erreichbare Einstiege gibt. Etwas unterhalb des Ortes liegt direkt an der Straße die Pension Posse. Die Betreiber sind nicht nur mit einem Trockenraum für das Equipment auf Taucher eingerichtet, sondern es hat vor allem auch einen Kompressor zum Füllen der Tauchflaschen. Somit ist „die Posse“ ein idealer Anlaufpunkt, wenn man mehrere Tage an der Verzasca bleiben möchte.

Tauchflasche

Da bei allen Tauchplätzen mehr oder weniger weit gelaufen und teilweise auch ein wenig geklettert werden muss, habe ich mich für eine relativ kleine Tauchflasche entschieden, um das zu schleppende Gewicht zu reduzieren. Die maximale Tiefe überschreitet hier kaum 12 Meter, so dass mir eine 8l-Flasche absolut ausreicht.

Kälteschutz

Die Temperaturen liegen in den Sommermonaten bei durchschnittlich 13 Grad (im September 2018 waren es rekordverdächtige 16 Grad). Daher scheint ein Halbtrocken- oder Trockentauchanzug nicht übertrieben. Auf der anderen Seite ist da aber der Weg vom und zum Tauchplatz. Zum einen kann es im Trocki bei körperlicher Anstrengung schnell ungemütlich warm werden, und zum anderen soll sich der eine oder andere Taucher auch schon beim Klettern über die Felsen den Anzug perforiert haben. Ich habe mich daher bei meinen Tauchgängen in der Verzasca bisher für einen 7mm Neopren mit zusätzlicher Eisweste entschieden und war damit sehr zufrieden.

Tageszeit

Das klare Wasser und die glattgeschliffenen Felsen kommen am besten zur Geltung, wenn die Sonne bis auf den Grund des Flusses scheint. Da die Verzaska aber am Grunde eines tiefen Tals fließt, ist dies nur in einem relativ kleinen Zeitfenster um die Mittagszeit der Fall. In den Spätsommermonaten, lohnt es sich erst so wirklich, ab etwa 10 Uhr (besser noch etwas später) in der Fluss zu steigen.

Sicherheit

Bei schönem Wetter und moderatem Wasserstand macht die Verzaska einen friedlichen und ungefährlichen Eindruck. Laut kantonalen Behörden sterben jedoch jedes Jahr mehrere Menschen in den Tessiner Flüssen, weil sie die Gefahr der Strömungen beim Baden und Tauchen unterschätzen. Es empfiehlt sich daher, sich mit den Besonderheiten des Flusstauchens vertraut zu machen und sich ggf. von jemandem einweisen zu lassen der hier schon öfters getaucht ist.

Was in jedem Fall zu Eurer Ausrüstung gehören sollte, ist ein Sicherungsseil, das ihr vor dem Tauchgang am Ausgang eines jeden Tauchplatzes spannt. Hierfür findet man teilweise Ösen an den Felsen.

Die Commissione Fiume Verzasca Sicuro, die Gruppo Sub Verzasca und die Kantonspolizei TI haben gemeinsam einen kleinen Ratgeber zum Flusstauchen in der Verzaska zusammengestellt. Man kann ihn sich hier herunterladen.

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Danke für die schönen Bilder und die tollen TGs.
Immer wieder eine Freude, beim Entstehen der Bilder dabei sein zu dürfen 😉.


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