Douc Langurs im Nebel

„Da hoch? Wirklich?“ GoogleTranslate zeigt mir im Display des Smartphones meines Taxifahrers, was er mir zu sagen hat, und er zeigt dabei in die Richtung des von Wolken verborgenen Gipfels der Son Tra Halbinsel. Der Regen prasselt schwer auf das Wagendach. Meine Unsicherheit wächst, aber ich schlucke und nicke zustimmend bevor ich es mir anders überlegen kann. „Okay!?“ sagt er, schüttelt den Kopf und fährt weiter. Der Wagen schlängelt sich über Serpentinen nach oben. Regenvorhänge und Nebelfetzen wechseln sich immer häufiger ab und geben dem Blick stets nur ein Stückchen der Strecke frei. Auf dem Gipfel gibt es einen Schotterparkplatz und eine Schutzhütte. Ich bezahle und beim Aussteigen fragt mich der Fahrer noch einmal „You shure? Here no network!“ Ich antworte so zuversichtlich wie möglich „Yes, shure!“ und laufe los.  Bereits nach den ersten Metern läuft mir der Regen oben aus den Schuhen heraus.

Heute hat es bereits geregnet als wir aufgestanden sind und es machte keine Anstalten nachzulassen. Nach den Großstädten Yangon und Hanoi habe ich allerdings ein großes Bedürfnis nach Natur und will mich nicht im Zimmer verkriechen. Zum Glück habe ich eine komplette Montur Regenkleidung dabei. Ich möchte die Son Tra Halbinsel sehen und hoffe insgeheim, dass meine Chance auf eine Sichtung der Douc Langur dadurch gesteigert wird, dass ich bei dem Wetter dort vermutlich ziemlich einsam sein werde und kein Scooter-Lärm die Tiere verschreckt. Also mache ich mich fertig und rufe mir ein Taxi. Ich will mich auf den Gipfel der Halbinsel fahren lassen und dann nach unten laufen.

Auf dem ersten Stück des Weges nach unten zur Küstenstraße, welche die Halbinsel einmal umrundet, sind meine Zweifel, ob meine Idee wohl so gut war am größten. Neben Nebel und Regen macht hier auch ein beachtlicher Wind das Wandern ungemütlich. Aber bald bin ich glücklicherweise auf der dem Wetter abgewandten Seite des Bergs und der Wind lässt nach. Bald darauf auch der Regen. Es tritt eine wohltuende Stille ein, denn der dichte Nebel scheint alle Geräusche zu schlucken. Ich bleibe öfters stehen und lausche, wenn es in den Bäumen um mich herum plötzlich raschelt. Mir ist klar, dass es nicht der Wind sein kann, der nur einzelne Zweige zum Wackeln bringt. Doch zunächst kann ich keine Tiere ausmachen.

Der Wald tropft und dampft. Trotz der Wetterlage ist es nicht kalt – eher schwül-warm – und bald schon bin ich trotz dichter Regenkleidung komplett durchnässt. Irgendwo muss wohl die Sonne durch die Wolken brechen, denn der Nebel leuchtet plötzlich auf, als wäre er von innen angestrahlt. Ich hole die Kamera heraus und versuche die Stimmung einzufangen, doch wirklich festhalten lässt sich die eigentümliche Beleuchtung nicht. Als ich fotografiere, höre ich unvermittelt einen abgehackten Ruf und stelle fest, dass ein Affe nur wenige Meter vor mir im Gebüsch sitzt. Für eine Sekunde schaue ich das Tier verdutzt an, dann verschwindet es mit unglaublicher Geschwindigkeit in den Bäumen. Als ich dem Weg weiter folge, versuche ich noch leiser zu sein und noch mehr auf Bewegungen und Geräusche zu achten.

seltene Affenart

Douc Langur

Douc Langur, Pygathrix nemaeus oder Rotschenkliger Kleideraffe, wie die deutsche Bezeichnung lautet, ist eine reginonal sehr begrenzt vorkommende Affenart, die in Zentralvietnam und Laos anzutreffen ist. Die Art gilt als bedroht und wird auf der Roten Liste als stark gefährdet eingestuft. Hauptgrund hierfür ist der fortschreitende Lebensraumverlust. Aber auch der Vietnamkrieg und insbesodere der Einsatz von Agent Orange hat die Art stark dezimiert.

Schließlich habe ich Glück. In einem Baum direkt über mir sitzt eine ganze Gruppe von Affen. Ich freue mich, denn soweit ich das als Laie beurteilen kann, sind es tatsächlich Rotschenklige Kleideraffen. Sie haben eine sehr starke Fellzeichnung und sehen so aus als ob sie rote Strümpfe tragen würden. In diesem Moment wünsche ich mir ein Teleobjektiv.

Später sehe ich noch weitere Affen einer anderen Art, die wesentlich weniger scheu sind und bis auf die Straße kommen. Ich vermute, dass es sich um eine Makakenart handelt. Leider kann ich hiervon keine Bilder mehr zeigen, denn mittendrin hat meine Kamera leider das Zeitliche gesegnet. Der Verschluß hängt und will sich nicht mehr öffnen. An der Feuchtigkeit wird es nicht gelegen haben, denn dagegen ist sie versiegelt. Wohl eher eine Verschleißerscheinung. Natürlich passiert so etwas nie im richtigen Moment. Aber auch wenn ich jetzt erst einmal nach einem geeignetem Ersatz suchen muss, bin ich mit meiner Wanderung im Regen zufrieden. Nach etwa vier Stunden komme ich wieder auf Meereslevel an und begebe mich auf dem Weg zurück zum Hotel.

3 Kommentare
Newest
Oldest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments

Kompliment! Es gibt nur wenige, die sich trotz diesen Wetters auf den Weg machen. Ich bin stolz auf dich und freue mich mal wieder über die tollen Bilder…und hoffe, dass du bald Ersatzteile für die Kamera finden wirst!

✊🏻✊🏻✊🏻


3
0
Would love your thoughts, please comment.x